Hallo,
ja, das stimmt alles, wenn man davon ausgeht, dass Software-Algorythmen uneingeschränkt patentierbar werden. Die Frage ist allerdings ist überhaupt machbar? Das wäre meiner Meinung nach gleichbedeutend mit der Patentierbarkeit von..... Büchern!?
Außerdem sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass sich die Verordnung über das Gemeinschaftspatent weder direkt noch indirekt mit Software beschäftigt. Patentämter gibt es zudem in den meisten Ländern (auch den europäischen und in Amerika) schon seit langem und trotzdem lebt OpenSource....
....aber dazu dann ein andermal mehr...
:-)
noch schönes WE!!
Günther
Günther Mair Internet Engineer
ENERGIS Italia GmbH Pfarrhofstrasse 60/A I-39100 Bozen (BZ) Tel.: +39 0471 254000 Fax: +39 0471 251617 Email: guenther.mair@energis.it Web: http://www.energis.it
Patrick Ohnewein <patrick.ohnewein@ An: lugbz-list@lugbz.org lugbz.org> Kopie: Gesendet von: Thema: Re: Antwort: Re: [Lugbz-list] [Fwd:[rms@gnu.org: Fighting software patents in lugbz-list-admin@l Europe] ugbz.org
02.05.2003 18:52 Bitte antworten an lugbz-list
Hallo Günther,
ich bin deiner Meinung, dass das Thema sehr kompliziert ist und, dass es viel Diskussion benötigt um alle Facetten der Thematik kennenzulernen.
Glaubst du nicht, dass die Softwarepatente den Softwareproduzenten und den einzelnen Softwareentwicklern das Handwerk legen werden?
Nehmen wir an, wir zwei schreiben ein Programm. Wir releasen es und es hat einen großen Erfolg (muss es wohl ;)). Daher wird es auch bald einen großen Softwareproduzenten stören, der in diesem Marksegment aktiv ist oder es werden möchte. Es wird für ihn sehr einfach sein, uns das Handwerk zu legen, da er tausende von Softwarepatente registriert hat und wir sicher, wenn auch unwissentlich, einige davon verletzt haben.
Der Softwaregigant hat nun 2 Optionen: Er verlangt von uns eine Royalty und wartet bis wir verhungern. Oder er verbietet uns die von ihm patentierten Ideen zu benutzen, sodass unser Programm zu ein unnützes Ding vergammelt.
Wir haben die Option vor Gericht zu gehen. Eine sehr teure und langwierige Option. Das Urteil wird wahrscheinlich erst dann gesprochen werden, wenn wir bereits verhungert sind :(
Ich sehe die einzige Überlebungschance darin, dass auch wir tausende von Patente haben und damit zurückschlagen können. Dann wird der Gegner mit uns verhandeln und ein sogenanntes "Cross licenceing" eingehen. Aber haben wir so viele Patente, können wir uns das leisten?
Ich sehe uns als Verlierer dastehen. Unabhängig davon, ob wir freie oder proprietäre Software entwickeln. Ich sehe eine arme Zukunft für uns Softwareentwicklern, da es nur mehr sehr wenige Arbeitsgeber geben wird. Niemand außer die paar Giganten kann sich in Zukunft noch getrauen ein paar Zeilen Code zu schreiben.
Wie seht ihr es?
Ich bin an einer Diskussion sehr interessiert, wir könnten auch einen Diskussionsabend organisieren. Vielleicht an einem Donnerstag, beim LUGBZ-Treffen?
Happy hacking! Patrick
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Hallo,
soviel ich verstanden habe, ist der Sinn der Patente der, die Innovation zu fördern, indem den Erfindern eine begrenzte Zeit zur Amortisierung ihrer Forschungs- und Entwicklungszeit garantiert wird. Dies soll die Erfinder ermutigen, ihre Erfindungen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Darin muss aber auch erkannt werden, dass der Sinn nicht darin besteht, die Amortisierung zu garantieren, sondern die Innovation zu fördern, denn die Innovation ist das Gut für die Gesellschaft.
Daher muss ein Patentsystem nur so weit gehen, dass die Innovation gefördert und nicht erschwert wird. Die Variablen, was und wie lange etwas patentiert werden kann, müssen daher richtig gesetzt werden. Sonst degradiert das Patentsystem zu eine Waffe für Giganten, welche damit ihre Monopolstellungen ausbauen. Wem würde ein solches Patentsystem dann noch nützen?
Bei Erfindungen, welche ein physisches Objekt als Resultat haben, ist ein Patentsystem machbar, solange die angenommenen Patente bestimmte Kriterien erfüllen und diese vom Patentamt auch berücksichtigt werden.
Bei Software ist es aber schwierig, wenn nicht unmöglich diese Kriterien festzustellen und einzuhalten. Software baut nämlich auf Ideen auf und es kann keine neue Software existieren, welche nicht bereits benutzte Ideen beinhaltet. Daher gibt es im Patentgesetz ausnamen für geistige Vorgänge, wie es eben auch Software ist.
Leider haben auch die europäischen Patentämter bereits tausende von Softwarepatente registrieren lassen. Vorsicht, unter Softwarepatente versteht man lediglich Patente, die sich mit softwarerelevanten Dingen beschäftigen, im Patentgesetz wird nicht direkt der Begriff Softwarepatent benutzt! Unter den bereits registrierten Softwarepatenten befinden sich verschiedenste Arten von Patenten und natürlich auch Patente auf Algorythmen (z.b. LZW Kompressionsalgorythmus, sonst bräuchte es kein gzip). Aber auch auf allgemeine Vorgänge gibt es Patente, z.B. hat die British Telecom, das Verfolgen von Hyperlinks über eine Dial-up-Verbindung patentieren lassen. Ich kann mir keinen Nutzen eines solchen Patentes für die Gesellschaft vorstellen.
Das größte Problem bei Patenten ist, dass diese in eine so konfuse Anwaltsprache geschrieben sind, dass sogar die Patentämter diese nicht mehr richtig verstehen. Es ist nämlich keine Seltenheit, dass mehrere Patente den selben Vorgang patentieren. Ich verweise wiederum auf die LZW-Komprimierung! Es gibt auch Beispiele, wo sich mehrere Unternehmen geeinigt haben, für einer patentierten Sache ihre Patente gleichzeitig geltend zu machen. Die bezahlten Royalties werden laut von ihnen definierter Prozentsätze auf die Unternehmen aufgeteilt.
Was im Softwarebereich patentiert werden darf und was nicht, kann nicht sinnvoll definiert werden. Außerdem wäre es jetzt auch schon zu spät, den Versuch zu machen, die richtigen Kriterien zu definieren, da bereits tausende von Softwarepatente nur darauf warten, dass die Gesetzesänderung sie freischaltet, sodass sie deren Besitzern richtig viel Cash und Macht bringen.
Du hast das Beispiel mit den Büchern aufgeführt. Mir gefällt das Beispiel mit den patentierten Pinselstrichen. Wer würde sich noch als ein Künstler bezeichnen und sich trauen können ein gemaltes Bild zu veröffentlichen?
Ich sehe eine sehr große Gefahr für freie Software, da jeder Softwareentwickler für seine Software verantwortlich ist und zur Verantwortung gezogen wird, wenn er Patente verletzt. Die einzige sichere Wahl, die ihm dann noch bleibt ist sein Softwareprojekt aufzugeben.
Ich erwarte mir, dass auch wir in Europa die Auswirkungen von Softwarepatenten spüren werden. In Amerika haben bereits einige kleinere Softwareunternehmen große Probleme bekommen. Ein Ausweg war eine Niederlassung im Ausland zu eröffnen und die Softwareentwicklung dorthin zu verlegen. Das kann sich auch nicht jeder leisten und wenn nun auch Europa Softwarepatente einführt, wird die gesamte Entwicklung wohl nach Asien oder Afrika verlegt werden. Dort ist es ja auch noch billiger.
Ich möchte auch in Zukunft Softwareentwickler bleiben und meine Arbeit veröffentlichen können, ohne mein gesamtes Einkommen einem Anwalt zu überweisen. Wobei das mit dem Anwalt auch keine Lösung ist, da Fälle in Amerika gezeigt haben, dass sich solche Gerichtsfälle unendlich hinausziehen und daher nur dem Anwalt was bringen.
Einige Argumentieren damit, dass sie für ein Softwareproduzent entwickeln und dass dieser der Copyrightowner ist und daher die Verantwortung trägt. Diese sollten hoffen, dass ihr Arbeitgeber einer der wenigen Softwaregiganten ist, der die Selektion der Softwarepatente überlebt. Ob der Softwaregigant ihn auch weiterhin gut bezahlen wird, ist fraglich, da die Auswahl an Softwareentwicklern, in einer Welt mit wenigen Softwareherstellern, sehr groß sein wird.
Ich kann den wirtschaftlichen Nutzen der Patente auf geistige Vorgänge nicht erkennen. Habe ich was übersehen oder falsch verstanden?
Happy hacking! Patrick